Montag, 1. Oktober 2012

Von Arbeit und Privatleben: Ein Balance-Akt

Dieser Post bezieht sich auf einen von Marcus Raitner verfassten Artikel zum Thema „Mein Produktivitäts-Setup“, in dem er auch auf die Begrifflichkeit „Work-Life-Balance“ eingeht. Ich möchte seine Gedanken aufgreifen und aus meiner Sicht kommentieren.
Zu Anfang ein Auszug aus dem Post von Marcus Raitner:
„Alle Welt redet von Work-Life-Balance. Ich halte den Begriff für verfehlt und gefährlich anachronistisch, denn er suggeriert, dass Arbeit und Privatleben verschiedene Pole der menschlichen Existenz wären und erst ausbalanciert werden müssten.“


Ich stimme dieser Haltung grundsätzlich zu! Arbeit und Privatleben sollten im Optimalfall keine gegensätzlichen Pole sein und in einer dauerhaften Konkurrenz zueinander stehen. Ich möchte bei der Betrachtung differenzieren in selbstständig/nicht-selbständig tätige und Familien/nicht-Familien. Familie meine ich im Sinne von 2 Erwachsenen + x Kinder (x >= 1). Das ist in keiner Weise wertend, sondern soll nur unterscheiden. Ich glaube nämlich, dass je nachdem in welche Kategorie jemand fällt, die Betrachtung von Work-Life-Balance anders ausfällt (die Begrifflichkeit ist sicher nicht ganz glücklich, zur Klarheit verwende ich sie dennoch).



Jemand der selbständig arbeitet und in keinem abhängigen Beschäftigungsverhältnis steht, hat hoffentlich ein Thema oder eine Tätigkeit gefunden, die Ihm/Ihr Freude macht und bei der Ausführung keine „Arbeit“ verursacht. Insofern trifft ein Selbständiger eben die Entscheidung mit welchem Thema oder mit welcher Aufgabe er/sie sich selbständig macht. Daher glaube ich, wird dies dann gar nicht als Arbeit empfunden, weil es ja Spaß macht und direktes Feedback bringt. Selbständigkeit bedeutet für mich sowohl ein hoher Zeiteinsatz, aber auch ein Mehr an Flexibilittät im Vergleich zu einer abhängigen Beschäftigung. Eine Abgrenzung zwischen beruflicher Tätigkeit und Privatleben ist somit als Selbständigkeit schwerer und gar nicht so explizit gefordert („Freude an dem was ich mache“).



Jemand, der in einem abhängigen Arbeitsverhältnis ist, wird oftmals eine andere Sicht haben. Als „Befehlsempfänger“ freut man sich oft auf den Feierabend. Eine Vielzahl von Arbeitnehmern ist nicht damit beauftragt innovative Ideen und  Konzepte zu verwirklichen, sondern einfach nur die Launen der Vorgesetzten zu ertragen (oder Mängel zu verwalten). Insofern ist der ROI hier wesentlich geringer und das Gewicht auf eine Abgrenzung deutlich höher. Ein Selbständiger kann oftmals mit mehr „Arbeit“ oder mehr Einsatz einen direkten Impakt erzielen. Ein neuer Ansatz, eine neue Idee eines Arbeitnehmers wird hingegen oftmals gar nicht wahrgenommen. Sicher können wir jetzt sagen, „sucht Euch bessere Unternehmen/Vorgesetzte“ - ist dies denn immer möglich? Wir leben ja nicht für uns alleine, sondern tragen u.U. auch Verantwortung für andere, für unsere Familien.



Und so denke ich, dass Familien auf das Thema Work-Life-Balance ebenfalls eine andere Sicht haben als nicht-Familien (ich weiß, eine scheusslicher Term). Der wesentliche Faktor sind die Umstände, in denen jemand lebt (auch wenn sie selbstgewählt sind).



Natürlich liegt es auch an jedem selbst, wie er damit umgeht. Selbstständigkeit ist für jedes Familienleben eine Herausforderung. Und auch Angestellte müssen bewusst Freiräume bekommen und sich schaffen. Arbeit ist ein alter Begriff, der immer noch in vielen Bereichen richtig ist. Für viele Wissensarbeiter ist es oftmals ein schräger unpassender Begriff, weil wir die Aufgaben und Themen eben auch in der freien Zeit verfolgen und ausüben. 



Noch ein Zitat aus dem Beitrag von Marcus Raitner:
„Das Problem beginnt aber schon mit der unscharfen Definition von Arbeit in der post-industriellen Welt: Ist dieser Blog-Artikel Arbeit? Sind Beiträge auf openPM Arbeit? Und wie steht es mit dem ehrenamtlichen Jugendtrainer im Fussballverein? Oder der Hausfrau und Mutter?“


Das trifft es für mich gut. Jemand empfindet eine Arbeit/Tätigkeit nicht als Belastung, nicht als Arbeit, wenn es Spaß gemacht hat, wenn sich ein Erfolg einstellt, eine wertvolle Erfahrung. Meine Mitarbeit bei openPM empfinde ich nicht als Arbeit. Es macht mir Spaß, es bereitet mir Freunde bei diesem Thema mitarbeiten zu können. 

Zusammenfassend sehe ich den Term „Work-Life-Balance“ auch als etwas unpassend, bin aber auch der Meinung, dass unterschiedliche Rahmenbedingungen eine andere Sicht erzeugen. Es gibt einfach unterschiedliche Anforderungen an das Zeitmanagement eines Einzelnen. Am Ende geht es aber auch um Prioritäten und bewusstes Schaffen von Freiräumen für Familie und Co. Und wer dauerhaft in einem Beschäftigungsverhältnis arbeitet, das eine scharfe Abgrenzung von Arbeit und Privat notwendig macht, sollte darauf hinarbeiten diesen Zustand zu ändern.
Zm Abschluss das tolle Zitat von Steve Jobs aus dem Beitrag von Marcus Raitner re-zitiert, weil es  als Ansporn sehr gut ist!
„You’ve got to find what you love. And that is as true for your work as it is for your lovers. Your work is going to fill a large part of your life, and the only way to be truly satisfied is to do what you believe is great work. And the only way to do great work is to love what you do. If you haven’t found it yet, keep looking. Don’t settle. As with all matters of the heart, you’ll know when you find it. And, like any great relationship, it just gets better and better as the years roll on. So keep looking until you find it. Don’t settle.“
Steve Jobs





3 Kommentare:

  1. Hallo Christian, danke, dass Du das Thema nochmals aufgreifst und differenzierst. Zum Thema Familie kann ich leider noch nichts beitragen (da schreibe ich dann in ein paar Jahren darüber …) Tatsächlich bin ich abhängig beschäftigt fühle und benehme mich aber wie ein Selbständiger. Das geht sicherlich nur in einer kleinen Firma oder jedenfalls in einer sehr modernen Firma. Ich glaube aber fest, dass die Zeit der Riesenfirmen mit abhängigen Befehlsempfängern vorbei ist. Es ist jetzt die Zeit das Pendel wieder zurück in Richtung Selbstständigkeit und Eigenverantwortung schwingen zu lassen. Das Zeitalter der Industrialisierung hat da viel kaputt gemacht. Don't settle!

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  2. Ich kann mich mit Deiner Arbeitsauffassung sehr gut identifizieren. Zumindest im Bereich Internet sehe ich die Entwicklung hin zu einer größeren Anzahl an eher kleinen Unternehmungen gehen. Durch das Internet sind auch viele Dinge leichter zu realisieren, so dass auch vermeintliche kleinere Ideen umgesetzten werden können. Es gibt wirklich sehr viele Chancen sich und seine Ideen zu verwirklichen.

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  3. Ein ordentlicher Artikel, der meine generelle Zustimmung erhält.
    Aber zur Frage: Was ist Arbeit?
    Darüber bin ich zur Übereinkunft mit der hinreichenden gäglichen Meinung gekommen, dass Arbeit messbar ist und zwar in Form des Energieeinsatzes.
    Jeder einzelne von uns, und zu gleichen maßen, hat diese zwar begrenzt verfügbar, aber nutzt diese auf verschiedene Weise.
    Nehmen wir mal an - wie in deinem Post beschrieben-, dass jemand eine Tätigkeit ausübt die seine Vorstellung von "Tätigkeit" befriedigt. Subjektiv wird dieser seinen Einsatz selbstverständlich rückhaltlos einbringen.
    die Kernfrage jedoch ist, welchen Nutzen (lassen wir den Idealismus, so schön und ehrbar er auch ist, weg) hat mein Einsatz.
    Die Realität, wie jeder weiss, sieht doch so aus. Ich gebe Einsatz (In Form von Arbeit, Kreativität, Motivation etc.) und erhalte dafür mein pauschales Geld.
    Die Frage die offen bleibt ist: Was bin ich Wert? Ist mein Einsatz zu geringfügig geschätzt? etc. etc.
    Alles Fragen die man nur für sich selbst beantworten kann. Überschätzt man sich selbst geht die ganze Sache baden.
    Unterschätzt man sich jedoch ist es eine traurige Verschwendung von Energie in die falsche Richtung.

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